Hauptabteilung II

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Die Hauptabteilung II (HA II) des Ministeriums für Staatssicherheit war für die innere und äußere Spionageabwehr im weitesten Sinne zuständig. Sie war eine der größten Abteilungen der Abwehr und besaß zumindest in Fragen der Spionageabwehr die Federführung gegenüber allen anderen Abteilungen des MfS (siehe auch HA I, HA XX). Die HA II war die zur Linie II des MfS gehörende Hauptabteilung.

Der Dienstsitz der HA II befand sich im Haus 2 der Zentrale des MfS in Berlin-Lichtenberg, in der Normannen-/Ecke Magdalenenstraße (Abb.). Weitere Dienstobjekte befanden sich z.B. in Berlin-Mitte und in Berlin-Wilhelmsruh. Die Leiter der HA II waren Josef Kiefel (1952 - 1960), Werner Grünert ? (1960 - 1976) und Günther Kratsch (1976 - 1989). In der Auflösungsphase des MfS 1990 leitete Kratschs Stellvertreter Wolfgang Lohse die Diensteinheit. Die HA II war bis 1982 dem Stellvertreter des Ministers für Staatssicherheit, Bruno Beater ?, und nach dessen Tod im April 1982 direkt dem Minister Erich Mielke unterstellt.

Aufgaben der HA II (Auswahl):

  • Aufdeckung und Abwehr von geheimdienstlichen Angriffen gegen die DDR auf politischem, militärischem und ökonomischem Gebiet
  • Aufklärung von Organisationen, die im Operationsgebiet gegen die DDR arbeiten
  • Gewährleistung der inneren Sicherheit im MfS:
    • "Sicherung" der hauptamtlichen und der ehemaligen Mitarbeiter des MfS sowie deren Verwandten und engen Bekannten
    • Absicherung des IM-Netzes
    • abwehrmäßige Sicherung von Dienst- und Freizeitobjekten sowie von Unterkunftsgebäuden des MfS
  • Überwachung der ausländischen diplomatischen Vertretungen
  • "Sicherung und Bearbeitung" der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in der DDR
  • Absicherung der DDR-Auslandsvertretungen
  • Anleitung der "Operativgruppen" (=Verbindungsstäbe des MfS) in Moskau und Warschau,sowie der Verbindungsoffiziere in der CSSR, in Ungarn und in Bulgarien.
  • "Bearbeitung" von akkreditierten Journalisten und Korrespondenten aus dem nichtsozialistischen Ausland
  • "Bearbeitung" anderer "bevorrechteter Personen" (Botschaftsmitarbeiter, Vertreter von Handelsmissionen usw.)
  • Abwehrarbeit unter den ständig oder zeitweilig in der DDR lebenden ausländischen Staatsbürgern
  • Abwehrarbeit unter dem Personal des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten ?, des Dienstleistungsamtes für Ausländische Vertretungen (DAV) sowie innerhalb des Wachkommandos "Missionsschutz" der Volkspolizei
  • "Sicherung" der Zusammenarbeit von SED und FDGB mit der DKP ? und der SEW ?
  • Überwachung der DDR-Studenten im sozialistischen Ausland

Aus dieser Aufzählung von Aufgaben der HA II ist bereits ersichtlich, dass ihr Arbeitsbereich wesentlich mehr umfasste als die klassische Spionageabwehr. Eine weitere Besonderheit des MfS bzw. seiner Hauptabteilung II gegenüber den Abwehrdiensten anderer Staaten bestand in der Durchführung "aktiver Maßnahmen" im Operationsgebiet. Die HA II drang mit eigenen Agenten in die Zentralen der westlichen Geheimdienste ein und führte vermutlich - wenigstens zeitweise - mehr Inoffizielle Mitarbeiter als der Auslandsnachrichtendienst HVA.

So verfügte die HA II seit 1969 über eine wichtige Quelle im MAD. Es handelte sich um den stellvertretenden Leiter des MAD und Chef des Stabes, Oberst Joachim Grase ?.

Auch nach der Gründung der Abteilung für Gegenspionage innerhalb der HVA (1973) verblieb die Zuständigkeit für die westlichen Geheimdienstzentralen partiell bei der HA II. Etwa ab 1983 gab es eine Vereinbarung zwischen dem Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung, Markus Wolf, und dem Leiter der HA II, Kratsch, wonach "die besten" IM der HA II im Operationsgebiet durch die HVA geführt werden sollten.

Die HA II verfügte 1989 über einen Personalbestand von 1.432 hauptamtlichen Mitarbeitern. Die Gesamtzahl der von den Diensteinheiten der Linie II des MfS geführten Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) dürfte zuletzt (1989) bei weit über 10.000 gelegen haben. Die Hauptabteilung II führte Schätzungen zufolge 1989 3.500 IM, nach Aussage des letzten regulären Leiters der HA II, Günther Kratsch, lag die Zahl im Bereich der Hauptabteilung "zwischen 3.000 und 5.000".


Die Sicherheitsdoktrin der SED ging unter anderem davon aus, dass jede "Feindtätigkeit" innerhalb der DDR (also auch das Wirken der Opposition) auf das Wirken gegnerischer Geheimdienste zurückzuführen sei. Dies führte zu einem übermäßigen Anwachsen des Sicherheitsapparates, speziell der Mitarbeiterzahlen der HA II und der anderen Abwehr-Diensteinheiten des MfS (vgl. HA XX). Die Führungsspitzen von SED und MfS betrachteten das Arbeitsgebiet Abwehr als die wichtigste Aufgabe der Staatssicherheit, die Mitarbeiter der HA II bildeten daher eine Art "Kernmannschaft" des Ministeriums. Die Diensteinheit verfügte über eigene Abteilungen für Logistik, Fahndung und sogar zur Terrorbekämpfung.

Schläge gegen die westlichem Geheimdienste wurden oft propagandistisch ausgeschlachtet; im Allgemeinen stand hinter offiziell verkündeten "Erfolgen des Ministeriums für Staatssicherheit" die Tätigkeit der HA II.

Das bekannteste Beispiel für solch einen Erfolg dürfte die im Mai 1956 durchgeführte Aktion gegen die Filiale des amerikanischen Military Intelligence Department (MID) in Würzburg gewesen sein. Hierbei entwendeten zwei Geheime Mitarbeiter der HA II zwei Panzerschränke mit der kompletten DDR-Agentenkartei des feindlichen Geheimdienstes und schmuggelten den Inhalt nach Berlin. Diese Geschichte diente als Vorlage für den DEFA-Spielfilm "For Eyes Only ?".






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